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Über das Häkeln – About crochet

Die ältesten Häkelfunde stammen aus dem 5. Jahrhundert und sind koptisch, also von ägyptischen Christen. Wenn ich auf Mittelaltermärkten manchmal von sogenannten “autenthisch-gewandeten Freaks” enttäuscht gefragt werde, weshalb ich selbstgemachte neuzeitliche Häkelmützen anbiete anstelle von historisch “mittelalterlich gestochenen”, lächle ich. Einmal davon abgesehen, dass diese Technik des Fadenbindens ihren eigenen Reiz hat, und es sich durchaus lohnt, sie zu erlernen, bevorzuge ich persönlich das Häkeln.

Vielleicht erinnert es mich an eine Zeit meiner Kindheit, in der das Leben untrübbar schien. Nach dem Ende des ersten Grundschuljahres verbrachte ich meine gesamten Sommerferien bei meinem Onkel. Erst hinterher erfuhr ich den Zweck dieser Aktion: Meine Eltern wollten mich loswerden, um den Haushalt aufzulösen und fortan getrennte Wege zu gehen. Kurz, nach diesem Aufenthalt brach meine vermeintlich heile Welt zusammen.

Doch noch wusste die Siebenjährige nichts. Meine älteren Cousinen gaben sich große Mühe, mir die vielen Wochen kurzweilig zu gestalten. Ich lernte Tandem fahren, Blaubeeren ernten und – häkeln. So entstand ein erster Kissenbezug, der später mehrere Jahre im Auto meiner Mutter verbringen sollte. Es folgten Topflappen für meine Großmütter, natürlich farblich passend zu ihren jeweiligen Küchen, Puppenkleidung, Spitzenkragen und nicht zuletzt als Gemeinschaftsarbeit eine Decke, die meine Freundin und mich in so manches Freibad begleitete. Als Jugendliche verfielen wir einem Handarbeitsrausch, lernten selbstredend auch stricken und zogen nur noch eigenproduzierte Pullover und Handschuhe an.

Es muss wohl an den Ferien vor dem Knall liegen, jedenfalls esse ich noch heute mit einer inneren Wehmut am liebsten Blaubeerkuchen und lasse die Stricknadeln zugunsten des Häkelhakens liegen. Dabei verfalle ich in eine Art Meditation, entspanne und bin kreativ. Kein Telefonat ist mehr unnötig lang, kein Warten beim Arzt oder im Amt vergeudet, da zeitgleich eine Mütze entsteht.

Ich will niemanden mit zu vielen Details langweilen, nur ein paar Eckdaten: Gehäkelte Mützen sind dicker als gestrickte; sie enthalten logischerweise auch mehr Wolle. Es gibt verschiedene Häkelarten: Bei Stäbchen beispielsweise entsteht ein eher löchriges Netz, welches vergleichsweise schnell herzustellen ist, aber auch den Wind leicht durchlässt. Feste Maschen dagegen erfordern mehr Geduld und Material, zeichnen sich jedoch durch einen deutlich windbeständigerer Fadenverbund aus. Deshalb verkaufe ich ausschließlich Häkelmützen mit festen Maschen.

Eine Bemerkung zu den Farben: Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und je nach Haar- und Gesichtsfarbe eigenen sich bestimmte Töne besser als andere, klar. Trotzdem ist auffallend, dass Mädchen vom Babyalter an bis zur Jugendlichen zu 90 Prozent grellrosa- oder lilafarbene Mützen gekauft werden, eventuell geringelt mit Weiß oder Türkis. Bei Jungen bleibt es das klassische Blau. Erwachsene greifen gerne zu Schwarz. Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Kurz, meine lieben Kunden zwingen mich, überwiegend Rosa oder Schwarz zu häkeln.

Farben haben eine bestimmte Schwingung und regen im Menschen unterschiedliche Aktivitäten an. Für geistige Arbeit empfiehlt sich Weiß oder Violett oder Indigo; für Gartenarbeit Grün und Erdtöne. Mit Gelb-Orange-Rot fördere ich Lebenskraft bis hin zur Sexualität; und mit Rosa die Gefühlswelt. Schwarz dagegen vereint alle Nuancen und damit auch Frequenzen. Beim Häkeln von schwarzen Mützen fällt mir das Denken schwerer und bei rosafarbenen bekomme ich nach einer Weile eine Art Gefühlskollaps. Dann greife ich zu Grün oder Braun, um zu entspannen.

Wer jetzt meint, Mützen sind ohnehin nur etwas für den Winter und kratzen scheußlich, dem sei zum Material gesagt: Reine Schurwolle, direkt vom Schaf, möglichst handgesponnen und pflanzengefärbt, wie es eben “mittelalterlich-authentisch” wäre, sind wunderschön und kratzen tatsächlich! Diese naturbelassenen Exemplare sind bei mir die klassischen Ladenhüter. Eines muss man dieser Wolle jedoch lassen: Sie wärmt und ist ideal an kalten Tagen. Für alle geplagten empfindlichen Menschen gibt es aber eine erstklassige Alternative, nämlich ein Schaf namens “Merino”. Im Grunde handelt es sich ebenfalls um Schurwolle; allerdings hat die Natur dieses Tier derart geformt, dass seine Kleidung kuschelweich ist. Einziger Haken dabei: Sie ist entsprechend teuer.

Es soll Personen geben, die deshalb zu preisgünstigen synthetischen Fasern greifen. Diese kratzen zwar nicht, jedoch sie jucken – bei mir zumindest. Mich kribbelt es am ganzen Körper, wenn ich Polyamid auch nur als Beimischung tragen muss. Falls Ihr Kind sich dauernd die Mütze vom Kopf reißt oder die Strümpfe auszieht, denken Sie einmal darüber nach! Für den Sommer existiert eine preisgünstige Option: Baumwolle; sie kratzt und juckt nicht, ist atmungsaktiv und winddicht. Einziger Nachteil: Sie wärmt nur bedingt. Folglich empfehle ich im Winter Merino und von Frühling bis Herbst Baumwolle.

Natürlich kann man Mützen auch stricken, filzen oder nähen. Alle diese Techniken gab es bereits im Mittelalter, sogar richtige Strickzünfte und -maschinen. Ich bleibe bei meinen festen Maschen mit bunten Ringeln, zaubere neue Muster aus Wollresten und meditiere.

About crochet

The oldest crochet finds date back to the 5th century and are Coptic, i.e. by Egyptian Christians. When I am sometimes disappointed by so-called “authentic-clad freaks” at medieval markets, why I offer homemade modern crochet hats instead of historically “medieval engraved”, I smile. Apart from the fact that this technique of thread binding has its own charm, and it is well worth learning, I personally prefer crochet.

Perhaps it reminds me of a time in my childhood when life seemed uncloudy. After the end of the first year of primary school, I spent my entire summer holidays with my uncle. Only afterwards did I learn the purpose of this action: My parents wanted to get rid of me in order to dissolve the household and go their separate ways from then on. In short, after this stay, my supposedly perfect world collapsed.

But the seven-year-old still knew nothing. My older cousins went to great lengths to make the many weeks entertaining for me. I learned to ride tandems, harvest blueberries and crochet them. This resulted in a first pillowcase, which would later spend several years in my mother’s car. This was followed by potholders for my grandmothers, of course matching their respective kitchens, doll clothes, lace collars and, last but not least, as a joint effort, a blanket that accompanied my girlfriend and me to many an outdoor pool. As teenagers we fell into a needlework frenzy, of course also learned to knit and only put on self-produced sweaters and gloves.

It must be because of the holidays before the bang, at least today I still prefer to eat blueberry cake with an inner melancholy and leave the knitting needles in favor of the crochet hook. I fall into a kind of meditation, relax and am creative. No phone call is unnecessarily long, no waiting at the doctor or in the office wasted, because at the same time a cap is created.

I don’t want to bore anyone with too many details, just a few key facts: crocheted hats are thicker than knitted ones; they logically also contain more wool. There are different types of crochet: With chopsticks, for example, a rather holey net is created, which is comparatively quick to produce, but also lets the wind through easily. Fixed stitches, on the other hand, require more patience and material, but are characterized by a much more wind-resistant yarn bond. That’s why I only sell crocheted hats with fixed stitches.

A note about the colors: Tastes are known to be different and depending on the hair and face color, certain tones are better than others, of course. Nevertheless, it is striking that girls from infancy to adolescence are bought 90 percent bright pink or purple hats, possibly ringed with white or turquoise. In boys, it remains the classic blue. Adults like to reach for black. Demand determines supply. In short, my dear customers force me to crochet mostly pink or black.

Colors have a certain vibration and stimulate different activities in humans. For mental work, white or purple or indigo is recommended; for gardening green and earth tones. With yellow-orange-red I promote vitality up to sexuality; and with Rosa the emotional world. Black, on the other hand, combines all nuances and thus also frequencies. When crocheting black hats it is harder for me to think and with pink ones I get a kind of emotional collapse after a while. Then I reach for green or brown to relax.

Anyone who thinks that hats are only something for the winter anyway and scratch horribly, let me tell you about the material: Pure virgin wool, directly from sheep, as hand-spun and plant-dyed as possible, as it would be “medieval-authentic”, are beautiful and actually scratch! These natural specimens are the classic shelf warmers for me. However, one thing must be left to this wool: it warms and is ideal on cold days. For all afflicted sensitive people, however, there is a first-class alternative, namely a sheep called “Merino”. Basically, it is also virgin wool; however, nature has shaped this animal in such a way that its clothes are cuddly soft. The only catch: It is correspondingly expensive.

There should be people who therefore resort to inexpensive synthetic fibers. These do not scratch, but they itch – at least for me. It tingles all over my body when I have to wear polyamide even as an admixture. If your child constantly tears the cap off his head or takes off his stockings, think about it!

For the summer, there is an inexpensive option: cotton; It does not scratch or itch, is breathable and windproof. The only drawback: It warms only conditionally. Consequently, I recommend merino in winter and cotton from spring to autumn.

Of course, you can also knit, felt or sew caps. All these techniques already existed in the Middle Ages, even real knitting guilds and machines. I stick to my firm stitches with colorful stripes, conjure up new patterns from wool remnants and meditate.